Fasnet

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Schwäbisch-alemannische Fastnacht

 

 Als schwäbisch-alemannische Fastnacht wird die Fastnacht im südwestdeutschen Raum und Teilen der Nordost- und Zentralschweiz bezeichnet. Dort wird sie in der Regel Fasnet oder Fasnacht genannt. Sie grenzt sich vom rheinischen Karneval ab, kann sich jedoch erst seit dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts als eigenständige Form etablieren. Während der Karneval im 18. Jahrhundert eine neue Form der Fastnacht entwickelte, und auch die schwäbisch-alemannische Fastnachtslandschaft darauf einschwenkte, besann sie sich im 20. Jahrhundert auf ihre Traditionen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Fastnacht.

 

Charakteristisch ist die Vermummung der Teilnehmer mit Larven oder auch Schemmen (Masken), die meist aus Holz, in Ausnahmefällen aber auch aus Stoff, Papier, Ton, Blech oder Draht (sog. Drahtgaze) bestehen. Die Kostümträger (in schwäbisch-alemannischen Gebieten Hästräger) wechseln ihre Verkleidung (Häs) nicht von Jahr zu Jahr, sondern behalten sie immer bei. In manchen Gegenden ist es sogar üblich, sie über Generationen zu vererben.

 

 

Ablauf der Fastnacht

 

Beginn am 6. Januar

 

In den meisten Orten des schwäbisch-alemannischen Raumes finden die ersten Fastnachtsveranstaltungen nach Ende der weihnachtlichen Festtage am 6. Januar, dem Dreikönigstag statt. Nach altem Brauch werden an Dreikönig die Schemen (Larven) abgestaubt. Von da an „goht's degege“, es finden die ersten Veranstaltungen und Umzüge statt. Die eigentliche Fasnet beginnt allerdings erst mit dem Schmotzige Dunnschtig (der Donnerstag vor Aschermittwoch), dem Höhepunkt der Fasnet.

 

Entsprechend gilt der Fastnachtsbeginn vielen schwäbisch-alemannischen Narren als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zum Karneval. Viele sehen im 6. Januar den ursprünglicheren Termin.

 

Festlegung des Fastnachtsdienstags

 

 Der Fastnachtsdienstag ist der Tag (bzw. die Nacht) vor dem Beginn der Fastenzeit, welche am Aschermittwoch beginnt. Das Datum des Aschermittwoch liegt 46 Tage vor dem Ostersonntag, der am ersten Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühjahr gefeiert wird.

 

Dieses Osterdatum rührt vom jüdischen Passah-Fest her, das zur Erinnerung des Exodus der Juden aus Ägypten nach dem jüdischen Mondkalender immer am 14. Nissan, also dem 14. Tag nach dem ersten Neumond im Frühjahr gefeiert wird und das seinerzeit Anlass zur Kreuzigung Christi war, doch wurde festgelegt, dass das Osterdatum immer an einem Sonntag stattfindet.

 

Das Frühjahr beginnt nach dem gregorianischen Kalender, der 1582 eingeführt wurde, grundsätzlich am 21. März. Daraus ergibt sich für den Ostersonntag der 22. März als frühestmöglicher Termin, der 25. April als spätester. Somit variiert der Zeitpunkt der Fastnacht im Kalender innerhalb einer Spanne von 35 Tagen. Vor dem Ostersonntag dauert die Fastenzeit 40 Tage. Damit käme man auf den Dienstag in der 6. Woche vor Ostern. Nach dem Konzil von Benevent (1091) wurden zusätzlich die Sonntage aus der Fastenzeit ausgeklammert und der Beginn der Fastenzeit deshalb sechs Tage vorverlegt auf den Mittwoch der 7. Woche vor Ostern, den Aschermittwoch. Der früheste Termin für den Aschermittwoch ist somit der 4. Februar.

 

 

Geschichte

 

 Ursprünge in Mittelalter und Früher Neuzeit

 

Wie der rheinische Karneval hat auch die schwäbisch-alemannische Fastnacht ihren Ursprung in Festen, die dazu dienten, verderbliche Lebensmittel vor Beginn der Fastenzeit aufzubrauchen. Derartige Veranstaltungen sind für ganz Mitteleuropa spätestens im 13. Jahrhundert nachgewiesen. Allerdings waren diese nicht mit der heutigen Fastnacht zu vergleichen und regional höchst unterschiedlich.

 

Ergänzend zum exzessiven Nahrungsmittelkonsum wurden ab dem 14. Jahrhundert Bräuche wie Tänze, Umzüge oder Fastnachtsspiele üblich. Auch hier spielten Speisen zunächst eine zentrale Rolle, beispielsweise in den Schembartläufen, den Fastnachtsumzügen der Nürnberger Zünfte, die vor allem im ausgehenden 15. und dem beginnenden 16. Jahrhundert Konjunktur hatten. Auch sind Metzgertänze aus anderen Städten belegt, an denen sich die tanzenden Metzger an Wurstringen zum Reinigen festhielten.

 

Nach einer Theorie des Münchener Volkskundlers Dietz-Rüdiger Moser wurde der Gegensatz zwischen dem fastnachtlichen Vergnügen und dem Entbehrungsreichtum der Fastenzeit zunehmend aber auch theologisch gedeutet. In Zusammenhang mit den augustinischen Lehren vom Zwei-Staaten-Modell gebracht, wurde die Fastnacht schon bald mit dem Teufelsstaat „civitas diaboli“ gleichgesetzt, die Fastenzeit hingegen mit dem Gottesstaat „civitas Dei“. Aus dieser Denkweise heraus könnten sich Teufel oder Dämonen als frühe Fastnachtsfiguren entwickelt haben. Eine weitere zentrale Figur der damaligen Fastnacht, der Narr, wurde als Inbegriff von Vergänglichkeit, Gottesferne und Tod gesehen. Während die Forschung noch bis in die 1980er-Jahre davon ausging, dass die Fastnacht einen nicht-christlichen Ursprung hat, ist sie sich heute einig, dass die Existenz der Kirche notwendige Bedingung zur Entstehung der Fastnacht war. Sicher ist auch, dass in der Fastnacht häufig Kritik an Obrigkeit und Kirche geübt wurde, was nicht selten zu Fastnachtsverboten führte.

 

Mit der Reformation entfiel in den reformierten Gebieten nicht nur die Fastenzeit; sie machte auch dem Fastnachtsfest in vielen Teilen Mitteleuropas ein Ende. Allerdings erhielt sich der Brauch in einigen protestantischen Ortschaften noch für einige Zeit. Der Basler Fasnacht wird oft unterstellt, ihren Fastnachtstermin aufgrund der Reformation später zu feiern (sog. Bauernfastnacht), als die übrigen schwäbisch-alemannischen Orte. Dies beruht jedoch auf einem Beschluss der Kirche im 11. Jahrhundert, in der Fastenzeit die Sonntage nicht als Fastentage zu zählen. Somit verschob sich der Aschermittwoch um sechs Tage in Richtung Jahresbeginn. Die Basler (und manch anderer Ort) indessen hielten an diesem alten Termin fest.

 

Bislang war das Bild der Fastnacht von relativ einfachen Verkleidungen geprägt. Mit dem Aufkommen des Barock kam es im 17. Jahrhundert zu einer wesentlichen Aufwertung und Verfeinerung der Fastnachtsgestalten. Das gilt insbesondere für die verwendeten Masken, die nun statt wie bisher aus Ton oder Papier aus Holz geschnitzt wurden. Hinzu kam ein deutlicher italienischer Einfluss, fußend auf der Commedia dell'Arte.

 

Der Karneval und die Abkehr davon

 

Trotz barocker Aufwertung kam die Fastnacht im Zuge der Aufklärung zu dem Ruf, ein primitiver, längst überholter Brauch aus grauer Vorzeit zu sein. Entsprechend dieser Auffassung wurden die Festlichkeiten vielerorts aufgegeben oder gar verboten. Das änderte sich, als sich, angeregt durch die Romantik, der Karneval zu entwickeln begann. Ausgehend von Städten wie Köln, wo anstelle der Handwerker das Bildungsbürgertum die Fastnacht auszurichten begann (erstmal in Köln 1823), etablierte er sich schnell in ganz Mitteleuropa, also auch in Südwestdeutschland. Die ursprüngliche Fastnacht existierte zwar parallel weiter, wurde aber immer mehr zurückgedrängt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts kamen hier vereinzelt die alten Bräuche wieder auf. So gab beispielsweise 1903 der Narrensprung in Rottweil Anlass zum Umdenken, als gerade noch sieben Narren daran teilnahmen. Besonders in den kleinbürgerlichen und bäuerlichen Kreisen im schwäbisch-alemannischen Raum fühlte man sich durch den vom Bildungsbürgertum dominierten Karneval bevormundet und besann sich, dem Trend der Zeit folgend, zurück auf die überlieferten Traditionen. In der Folgezeit wurden zahlreiche Narrenzünfte alten Zuschnitts neu gegründet.

 

 Entwicklung zur heutigen Fastnacht

 

 Anfang des 20. Jahrhunderts begannen sich die Narrenzünfte in Narrenvereinigungen zu organisieren und 1924 wurde die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) gegründet. Notwendig machten diesen überregionalen Dachverband die unsichere politische Lage sowie zahlreiche Fastnachtsverbote. Nun wollte man die Interessen der Narren gegenüber der Politik offensiv vertreten. Außerdem sah man sich der Pflege und Bewahrung des eigenen Brauchtums verpflichtet, was heute sicherlich die Hauptaufgabe der Vereinigung darstellt. In der Zeit nach ihrer Gründung erhielt die VSAN derart großen Zuspruch, dass schon bald ein Aufnahmestopp für Neumitglieder ausgesprochen werden musste. Bis heute nimmt die VSAN nur äußerst selten neue Mitglieder auf, wobei sie als Aufnahmebegründung insbesondere ein historisches Brauchtum zu Grunde legt. So kam es schon bald zur Gründung neuer Dachverbände wie dem Verband Oberrheinischer Narrenzünfte (1937) oder der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee (1959). Diese Gründungswelle hält auch in unseren Tagen noch an. Grund dafür ist nicht zuletzt die Einführung sogenannter Narrentreffen. Bis ins 20. Jahrhundert war Fastnacht eine rein lokale Angelegenheit gewesen und man feierte ausschließlich im eigenen Wohnort. Die VSAN und ihre Schwesterorganisationen ermöglichten es den Narren nun, sich auch untereinander außerhalb der angestammten Ortschaft zu begegnen. 1928 fand das erste Narrentreffen in Freiburg statt. Heute hat ihre Zahl und Dimension derart zugenommen, dass die Narrentreffen inzwischen schon als Gefahr für die traditionelle, ortsgebunde Fastnacht angesehen werden müssen. So gibt es inzwischen Zünfte, die nur noch Narrentreffen besuchen und keinerlei Ortsverwurzelung mehr kennen. Insbesondere die VSAN hat sich daher entschlossen, Treffen dieser Art stark einzuschränken. Der wachsenden Beliebtheit der Narrentreffen tut dies noch keinen Abbruch.

 

Parallel zur organisatorischen Neustrukturierung der Narrenzünfte wurden seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Fastnachtsfiguren neu gestaltet. Nur in wenigen Fastnachten waren tatsächlich historische Häser erhalten, die auch im neuen Jahrhundert fast unverändert getragen werden konnten. Viel häufiger waren einzelne Larven- oder Hästeile vorhanden, die sich zwar nicht mehr ohne weiteres zuordnen ließen, nun aber in neuen Figuren kombiniert wurden. Häufig kam es aber auch zur völligen Neuentwicklung von Hästrägergruppen. 1933 gründete sich in Offenburg eine Hexenzunft, die auf einer Mischung aus Märchen- und mittelalterlicher Hexe beruhte, und machte die Fastnachtshexe zu einer populären Figur der schwäbisch-alemannische Fasnet ein. Es gab allerdings schon viel früher Fastnachtshexen, so in Tirol bereits seit dem 18. Jahrhundert. Auch die alte Vettel war in der Fastnacht nicht unbekannt, so zogen sich nicht selten seit dem Mittelalter Männer Frauenkleider an, um frei nach dem Motto Verkehrte Welt an Fastnacht ihr Unwesen zu treiben. Neu war jedoch die Hexe mit Holzmaske, als eigenständige Figur. Ohne Beispiel ist seitdem die Zahl ihrer Nachahmer. Der wachsende Wohlstand sorgte in der Nachkriegszeit für ein rasches Anwachsen der Narrenzünfte, die nun auch immer häufiger in Orten neu gegründet wurden, die bisher keine Fastnachtstradition kannten. Seit Beginn der 90er Jahre herrscht ein regelrechter Boom dieser Neugründungen. So gibt es im schwäbisch-alemannischen Raum inzwischen selbst in noch so kleinen Orten eigenständige Fastnachten. Keine Fastnachtsfigur profitierte hiervon mehr als die Hexe. Ihre Beliebtheit sorgt deshalb seit langem für Kopfzerbrechen bei den Verantwortlichen der Brauchtumsorganisationen, sehen sie doch durch sie die traditionelle Fastnacht ähnlich gefährdet wie durch das Überhandnehmen der Narrentreffen. Doch auch die alteingesessenen Narrenzünfte profitierten in der Nachkriegszeit in hohem Maß vom wachsendem Interesse an ihrem Brauchtum und rasant steigenden Mitgliederzahlen. Besonders die seit Beginn der 90er Jahre durchgeführte Fernsehübertragung der Narrentreffen der VSAN erreicht ein Millionenpublikum. Ein Ende des Wachstums ist aber abzusehen.

 

 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schw%C3%A4bisch-alemannische_Fastnacht (Stand 01.01.2017)